(kunid) Hohe Zinsen, gestiegene Materialkosten und strenge Kreditvergaberichtlinien führen zu Baustopps, Stornierungen, Zahlungsverzug und in immer mehr Fällen zur Insolvenz.
„Bis September 2023 meldeten 667 Bauunternehmen Insolvenz an, das sind 16 % mehr als im Vorjahreszeitraum und 12 % mehr als vor der Pandemie 2019“, meldete die Acredia Versicherung jüngst. Damit ist die Branche für 17 % aller Firmeninsolvenzen in Österreich verantwortlich und „der Haupttreiber“ für das aktuelle Insolvenzgeschehen.
Schwache Auftragslage
„Die schwache Auftragslage trifft viele Projektentwickler und Bauunternehmen hart, da seit Monaten praktisch keine neuen Aufträge hereinkommen“, sagt Acredia-Vorstandsmitglied Gudrun Meierschitz.
„Gerade die vielen mittelständischen Unternehmen sitzen als Subunternehmen oft zwischen den Stühlen“, fährt Meierschitz fort. „Sie haben wenig Raum zur Preisgestaltung gegenüber großen Auftraggebern, müssen aber regelmäßig Löhne und Lieferanten Monate vor Fertigstellung bezahlen.“
Das macht sie bei schlechter Auftragslage besonders anfällig: Wer einen der wenigen Aufträge bekommen möchte, muss oft Abstriche bei den Margen machen.
Ein Drittel weniger Baugenehmigungen
Die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt sind deutlich. Viele Neubauvorhaben sind aufgrund steigender Kosten und hoher Zinsen aufgeschoben worden. Bis August 2023 sind um ein Drittel weniger Baugenehmigungen erteilt worden als im selben Zeitraum 2019.
Viele Bauprojekte werden derzeit auf Eis gelegt, gleichzeitig sind die Mieten in Österreich in diesem Jahr im Schnitt um 8,6 % gestiegen. Bezahlbarer Wohnraum ist schon seit Jahren knapp, die aktuelle Situation dürfte sich jetzt noch weiter verschärfen.
Baubranche europaweit unter Druck
Auch gesamteuropäisch betrachtet, sieht es für die Bauwirtschaft nicht anders aus: Teures Material, steigende Löhne und hohe Zinsen lassen die Nachfrage nach Neubauten sinken und die Insolvenzzahlen steigen.
Besonders in Deutschland sind die Firmenpleiten in der Baubranche stark im Steigen: Es gibt um 20 % mehr Insolvenzen als im Vergleichszeitraum 2022 – dies wirkt sich auch negativ auf die heimische Baubranche aus.
Was sich stabil hält, ist der „Renovierungsboom“, der während der Corona-Pandemie eingesetzt hat. Dazu wieder Meierschitz: „Die zahlreichen finanziellen Anreize, um die Energieeffizienz von Häusern und Wohnungen zu steigern, zeigen Wirkung.“ Aufträge für Dämmung, neue Fenster oder energieeffiziente Heizformen „halten so manches Bauunternehmen am Leben“.
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