(kunid) Trotz Rekordinflation sind die Einzelhandelsumsätze in Europa widerstandsfähiger als erwartet. Der Inflationsschock wurde teilweise abgefedert, vor allem durch die gute Arbeitsplatzentwicklung in Frankreich, sowie Lohnsteigerungen in Österreich, Deutschland, Italien und Spanien.
Auch Sparpolster, die während der Pandemie aufgebaut wurden, werden jetzt für Konsumausgaben genutzt. Das zeigt eine aktuelle Studie von Kreditversicherer Acredia und Allianz Trade.
Das Paradoxe ist: Während die Ausgaben für Lebensmittel, Strom und Kraftstoff sinken, steigen jene für Autos, Möbel und Kleidung.
„Haushalte mit geringeren Einkommen sind besonders stark von den Preissteigerungen beim Essen und Wohnen betroffen. Ihnen bleibt nichts anderes übrig, als bei lebensnotwendigen Gütern zu sparen“, erklärt Michael Kolb, Vorstand von Acredia.
Hingegen verfügen vermögendere Haushalte weiterhin über freies Einkommen, das für Mode, Kultur und Einrichtung ausgegeben werden kann. Der Kreditversicherer geht davon aus, dass der Konsum erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 wieder an Fahrt aufnimmt.
Paradoxes Kaufverhalten
Im Gegensatz zu wirtschaftlichen Abschwüngen in der Vergangenheit sind die Ausgaben für Lebensmittel, Strom und Treibstoff in Europa zurückgegangen. Für große Anschaffungen wie Autos und Möbel sowie für Kleidung und Kultur wird hingegen mehr ausgegeben – trotz steigender Lebenshaltungskosten.
Auch Dienstleistungen wie Flugreisen (+42 % im Vergleich zum Vorjahr), Gastronomie (+13 % im Vergleich zum Vorjahr) und Hotelaufenthalte (+30 % im Vergleich zum Vorjahr) florieren.
Eine mögliche Erklärung liegt in der unterschiedlichen Wirkung des Inflationsschocks auf die Haushalte. Haushalte mit geringeren Einkommen und Vermögen sind besonders stark von den Preissteigerungen bei Lebensmitteln und beim Wohnen betroffen. Sie sind gezwungen, bei lebensnotwendigen Gütern zu sparen.
Vermögendere Haushalte hingegen verfügen weiterhin über frei verfügbares Einkommen. In Österreich etwa stieg der Wert der Güter im Warenkorb im Mai 2023 im Vergleich zum Mai 2022 um +9 %. Darin sind über 700 Güter und Dienstleistungen enthalten.
Österreich: mehr Kleidung, weniger Möbel
In Österreich sind die Einzelhandelsumsätze laut Statistik Austria im März 2023 um +5,7 % im Vergleich zum März des Vorjahres gestiegen. Inflationsbereinigt ergibt sich jedoch ein Minus von 2,6 % beim Absatzvolumen.
Besonders der Handel mit Bekleidung und Schuhen konnte sich über ein Umsatzplus von 19,8 % freuen (inflationsbereinigt 11,4 %).
Im Gegensatz zu Europa kauften die Österreicher aber weniger Möbel, Heimwerkerbedarf und Elektrowaren (-1,8 %; inflationsbereinigt -12,2 %).
Herausforderungen im Einzelhandel
Auch in den nächsten Monaten steht der Einzelhandel vor großen Herausforderungen. Geringe Wachstumsraten, steigende Zinsen und eine strengere Finanzierung sorgen speziell bei Modegeschäften, Warenhäusern und E-Commerce-Spezialisten für Kopfzerbrechen.
Die Insolvenzdynamik im Einzelhandel steigt merklich an und nähert sich dem Niveau von 2019.
Bereits im ersten Quartal 2023 mussten in Österreich 11 Einzelhandelsunternehmen mit einem Gesamtumsatz von 2,4 Milliarden Euro Insolvenz anmelden. Darunter die prominenten Fälle Kika/Leiner und Forstinger.
Kolb resümiert: „Wir gehen davon aus, dass der Konsum in Europa erst in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 wieder Fahrt aufnimmt. In der Zwischenzeit ist es für die Handelsunternehmen besonders wichtig, ihre Finanzierung sorgfältig zu planen, auf nachhaltige Geschäftsstrategien zu setzen und Risiken zu minimieren.“
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