(kunid) Firmen und die Öffentliche Hand sollten sich ein Beispiel an den Privaten nehmen, die mit durchschnittlich einem Tag Verzögerung ihre Rechnungen bezahlen, meint der CEO des KSV1870. Während Private größtenteils pünktlich bezahlen, haben Firmen ebenso wie die Öffentliche Hand „Handlungsbedarf“.
Die Befragten des jährlich durchgeführten Austrian Business Checks zur Zahlungsmoral in Österreich bestätigen eine aktuell gute Geschäftslage (68 % „sehr gut bzw. gut“). Aber: „Erste Anzeichen einer Trendumkehr geben bereits Anlass zur Sorge“, warnt Ricardo-José Vybiral, CEO des KSV1870. So erwarten sich deutlich mehr Befragte in der Zukunft eine schlechtere Zahlungsmoral (+4 %).
Bei einer weiterhin guten Geschäftslage begleicht ein Fünftel ihre Rechnungen verspätet. Diese negative Zahlungsmoral kann für das „KMU-Land Österreich“ zum Problem werden. Denn 88 % sind von einem Forderungsverlust von Rechnungen bis zu 50.000 € betroffen. Die Mehrheit vermutet vorsätzliche Gründe hinter dem Nichtbezahlen von offenen Verbindlichkeiten.
Ein weiterhin anhaltender Forderungsverlust von 1,7 % des Umsatzes der Befragten in 2019 könnte zu einem zögerlichen Optimismus führen. Jedoch werden nach KSV1870-Hochrechnungen jährlich rund 1,9 Mio. Rechnungen in der Höhe von 1,35 Mrd€ selbst nach Zahlungserinnerung und Mahnungen nicht bezahlt.
Vorsicht ist auch geboten, da insbesondere ein um 3 % höherer Anteil als 2018 von einem rückläufigen Umsatz betroffen ist. Nicht verwunderlich ist es demnach, dass ein Viertel bei der Frage nach den größten Gefahren für ihren Geschäftsbetrieb Zahlungsausfälle nennt.
Firmen zahlen mit Verzug
Von den Firmen begleichen 20 % ihre Rechnungen verspätet, obwohl sich das Zahlungsziel sogar gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt um einen Tag auf 24 Tage erhöht hat.
Österreichische Unternehmen zahlen mit einem Zahlungsverzug von fünf Tagen offene Forderungen. Dennoch scheint ein Zahlungsverzug zur akzeptierten Norm geworden zu sein.
Die Befragten geben an, dass die Zahlungsmoral ihrer Firmenkundschaft im Vergleich zu 2018 unverändert gut geblieben ist. Rund 12 % meinen sogar, dass sich diese verbessert hätte.
Gemeinden bleiben Musterschüler
Langsam aber doch ist eine Besserung der Zahlungsmoral bei der Öffentlichen Hand zu verzeichnen. So haben die Bundesbehörden ihren Zahlungsverzug auf sechs Tage (minus 1 Tag) verringert.
Die Länder verbessern sich auf fünf Tage (minus 2 Tage). Hingegen liegen die Gemeinden mit ihrem Zahlungsziel (26 Tage) vorbildlich unter der gesetzlichen Vorgabe von 30 Tagen und weisen mit einem Zahlungsverzug von drei Tagen auch hier den niedrigsten Wert auf. Der Aufwärtstrend im öffentlichen Sektor führt auch bezüglich der Einschätzung der guten Zahlungsmoral (77 %) bei den Befragten zu einem Plus von knapp 5 % gegenüber 2018.
Wenngleich sich die positive Entwicklung ebenfalls in der Bundesländerauswertung widerspiegelt, ist die Öffentliche Hand noch nicht aus ihrer Pflicht zu nehmen. Dennoch ist positiv zu erwähnen, dass sich das Schlusslicht vom letzten Jahr, das Burgenland, deutlich um sieben Tage verbessert hat.
Bis auf Vorarlberg (plus 3 Tage) konnten auch alle anderen Bundesländer ihren Zahlungsverzug reduzieren. Auf Gemeindeebene ergibt sich ein ähnlich positives Entwicklungsbild mit einem verringerten Zahlungsverzug von einem Tag. Die burgenländischen Gemeinden und die Gemeinde Wien weisen den größten Zahlungsverzug mit 5 Tagen vor.
Private zum Vorbild nehmen
Ganz gegenteilig zur gewerblichen Zahlungsmoral sieht das Bild bei den Privaten aus, welche nahezu innerhalb des Zahlungsziels (87 %) zahlen.
Der durchschnittliche Zahlungsverzug beträgt bei einem Zahlungsziel von 14 Tagen nur einen Tag.
Somit ergibt sich auch eine unveränderte Einschätzung der guten Zahlungsmoral unter den Befragten (76 %).
Wieviel Vorsatz steckt hinter dem Nichtbezahlen?
Als Hauptgrund für das Nichtbezahlen von Rechnungen seitens der Firmen wird die Ineffizienz der Verwaltung (53 %), gefolgt von momentanen Liquiditätsengpässen (44 %) genannt.
Wenn es jedoch zu einem Zahlungsverzug der Privaten kommt, so wird dieser in erster Linie der Vergesslichkeit (59 %) zugeschrieben.
Über alle Gruppen hinweg stehen die vorsätzlichen Gründe für das Nichtbezahlen stark im Fokus. Ein Drittel der Befragten hat das Gefühl, dass ihre Privat- und Firmenkunden vorsätzlich nicht bezahlen.
Die Firmenergebnisse zeigen darüber hinaus noch ein deutliches Ergebnis von über 40 %, wo die Ausübung der Machposition als Grund angegeben wird. Noch deutlicher ist es bei der Öffentlichen Hand, wo knapp die Hälfte der Befragten (48 %) vermutet, dass die Ausnützung der Machtposition ein Grund für die verspätete Bezahlung von offenen Rechnungen ist.
Internationaler Vergleich: Österreich im Spitzenfeld
Mehr als die Hälfte der Befragten (55 %) sieht beim Zahlungsverhalten von internationalen Kunden keinen Unterschied zu den nationalen.
Dennoch setzt rund ein Drittel der Befragten auf Absicherungsmaßnahmen, wie Vorauskasse (71 %), Bonitätsauskünfte (58 %) oder eine Anzahlung (46 %).
Nach den Gründen für das Nichtbezahlen von Rechnungen, die international ausgestellt wurden, gibt die deutliche Mehrheit (71 %) eine schlechtere Zahlungsmoral als in Österreich an.
Der internationale Vergleich untermauert diese Ergebnisse: Steht die heimische Zahlungsmoral doch deutlich positiver als der europäische Durchschnitt da – ein Bonus für den Wirtschaftsstandort Österreich.
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