05.02.2018

Damoklesschwert Berufsunfähigkeit

Berufsunfähigkeit ist ein Thema, das man gern wegwischt. Obwohl schon jeder vierte Österreicher vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausscheidet – wegen Berufsunfähigkeit. Die Ursachen dafür sind genau so vielfältig und individuell wie die betroffenen Menschen: Psychische Erkrankungen sind heute schon die häufigste Ursache für Berufsunfähigkeit (BU), dicht gefolgt von Krankheiten des Bewegungsapparates. Danach folgen Herz- und Kreislauferkrankungen und einige andere Krankheitsbilder, die wir gerne ausblenden (im Nerven-, Atmungs- und Stoffwechselsystem, Krebs/Tumore).

Folge: Durch den Einkommensausfall kann es zu existenziellen finanziellen Problemen kommen. Denn die täglichen finanziellen Verpflichtungen laufen gnadenlos weiter. Dazu kommt der verbreitete Irrglaube, dass der Staat schon einspringen wird. Tatsächlich leistet der in BU-Fällen nur das Nötigste.

Sparen am falschen Platz

„Die Menschen müssen sensibilisiert werden, dass man, wenn einen Berufsunfähigkeit erwischt, zum Sozialfall wird“, formuliert es ein Experte drastisch. Während die Kosten für ein neues Smartphone für die meisten Menschen heute kein Thema sind, knausern sie bei ein paar Euro für eine Versicherung. Das ist Sparen am falschen Platz, das teuer werden kann.

Ein zweiter Vergleich sollte uns aufrütteln: Wenn wir addieren, was wir pro Monat für Wohnen, Strom, Essen und anderes Notwendiges insgesamt ausgeben – das wird wohl mehr als wir ad hoc glauben – und dann ausrechnen (lassen), ob wir die Summe im Falle von Berufsunfähigkeit vom Staat bekommen würden, wird wohl ein „Nein!“ herauskommen. Das heißt, eine finanzielle Versorgungslücke tut sich auf. Wenn die Ersparnisse erst einmal aufgebraucht sind, stellt sich die Frage, wie diese Lücke nachhaltig geschlossen werden kann.

Pension schließt die Lücke nicht

Es ist ein Irrglaube, dass man mit der gesetzlichen Pensionsversicherung bei Berufsunfähigkeit abgesichert und ausreichend geschützt ist, warnen Fachleute. Und auch die Unfallversicherung deckt im Falle des BU-Falles nur einen Teil der Versorgungslücke ab.

Besonders junge Familien unterschätzen das existenzielle Risiko. Da stehen Hausbau und Ähnliches im Vordergrund, da will man sich nicht mit Gedanken zu Berufsunfähigkeit belasten. Dabei ist gerade für Jüngere eine risikoadäquate BU-Versicherung leistbar.

Individuelle Lösung nötig

Damit die Menschen mit diesem Thema richtig umgehen, muss man es sichtbar machen – und am Beginn Anreize setzen, damit sie sich damit beschäftigen. Dazu gibt es praktikable Vorschläge. Einer ist die Kollektiv-BU-Versicherung für Unternehmen. Da zahlt der Arbeitgeber zu, denn er hat ja Interesse, dass seine Beschäftigten gesund und nicht im Dauerkrankenstand oder eingeschränkt einsatzfähig sind. Außerdem sind die kollektiven Prämien günstig, da das BU-Risiko bei jungen Mitarbeitern kalkulierbar ist.

Dazu kommt ein konkreter Vorschlag an die neue Bundesregierung: Wer selber BU-vorsorgt, könnte als Belohnung ein „Steuerzuckerl“ oder eine staatliche Prämie erhalten. Es wurde und wird für viel Dummes viel Steuergeld ausgegeben, oder? BU-Vorsorgeförderung hat hingegen Sinn: für die Menschen, die Wirtschaft und den Staat, denn es spart hohe Folgekosten. Kosten, die sicher höher sind als die Investition in den Anreiz.

Eine andere Möglichkeit wäre es, die BU-Versicherung für alle obligatorisch zu machen. So wie die SV-Beiträge und die Haftpflichtversicherung fürs Auto. Dort geht es ja auch nicht, dass man sagt: „Ich zahle lieber selber beim Unfall.“ Vorteil: Mit einer gesetzlich obligatorischen BU-Versicherung, die Durchschnittsprämien vorgibt, ließe sich der Tarif für alle leistbar machen.

Ob der Gesetzgeber die Vorschläge annimmt oder nicht: Was bleibt ist die Versorgungslücke aus BU, die individuell geschlossen werden muss.


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