(kunid) Frauen verbringen laut Zahlen des Sozialministeriums einen größeren Anteil ihres Lebens in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit als Männer. Alexandra Kautzky-Willer von der Medizinischen Universität Wien warnt, dass sich die Lücke durch vermehrten Einsatz von KI vergrößern könnte, wenn, wie bisher, Frauen in klinischen Studien unterrepräsentiert blieben.
Laut dem vom Weltwirtschaftsforum herausgegebenen Bericht „Closing the Women’s Health Gap“ vom Jänner 2024 verbringen Frauen um 25 Prozent mehr ihrer Lebenszeit in schlechter Gesundheit als Männer.
Darauf macht die Medizinische Universität Wien (Meduni) aufmerksam.
In Österreich sei die Diskrepanz etwas weniger signifikant, fügt die Meduni unter Berufung auf den „Frauengesundheitsbericht 2022“ des Sozialministeriums hinzu.
Diesem zufolge werden Frauen in Österreich im Durchschnitt 83,7 Jahre alt und haben damit eine um 6 Prozent höhere Lebenserwartung als Männer (78,9 Jahre), verbringen aber rund 19,3 Jahre in mittelmäßiger bis schlechter Gesundheit. Das ist ein um ein Fünftel höherer Wert als bei Männern (16,2 Jahre).
Krankheitsbilder
Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems stellen mit 37 Prozent die häufigste Todesursache bei Frauen dar (Männer 32 Prozent), wird weiter ausgeführt.
Danach folgen Krebserkrankungen (21 Prozent). „Hier ist in den vergangenen Jahren ein Anstieg zu verzeichnen, insbesondere Lungenkrebs tritt bei immer mehr Frauen auf“, sagt Alexandra Kautzky-Willer von der Universitätsklinik für Innere Medizin III der Meduni Wien.
Deutlich mehr Schwangerschaftsdiabetes
Laut Österreichischem Frauengesundheitsbericht 2022 hat sich die Zahl der Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes seit 2008 mehr als verdoppelt. Zumindest 30 Prozent seien durch Adipositas bedingt, so die Meduni.
Die Verbreitung von Adipositas sei außerdem mitverantwortlich, dass bei Frauen auch Typ-2-Diabetes in jüngerem Lebensalter zunehme und sie von Herz-Kreislauf-Komplikationen überproportional betroffen seien.
Dies gelte auch für Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und der Psyche: „Arthrose, Osteoporose und rheumatoide Arthritis kommen bei Frauen im Vergleich zu Männern besonders häufig vor; das Risiko, im Lauf des Lebens an einer Depression zu erkranken, ist bei Frauen zwei- bis dreimal so hoch wie bei Männern.“
Frauen in klinischen Studien unterrepräsentiert
Die Ursachen für die „gesundheitliche Kluft“ zwischen den Geschlechtern begännen bei der Forschung, sagt die Meduni.
Zwar habe es in den vergangenen 20 Jahren Fortschritte gegeben, doch seien sind Frauen in klinischen Studien immer noch unterrepräsentiert. Dies führe zu Daten- und Wissenslücken und überdies zu verzögerten Diagnosestellungen.
Ohne rasches Umdenken könnte sich diese Kluft mit dem zunehmenden Einsatz von KI in der Medizin weiter verschärfen, warnt Kautzky-Willer: Wenn KI überwiegend aus männlichen Daten lerne, „entfernen wir uns weiter und weiter von der gesundheitlichen Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern“.
Sie fordert deshalb „mehr Investitionen in frauenspezifische Forschung, die Sammlung und Analyse geschlechtsspezifischer Daten sowie die Verbesserung des Zugangs zu geschlechtsspezifischer Versorgung“.
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