(kunid) Österreich ist ein guter Boden, um alt zu werden. Dafür braucht es aber auch die entsprechende finanzielle Absicherung im Alter. Im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern hat Österreich nämlich noch einen gewissen Nachholbedarf: Politik und Wirtschaft haben daher die Verantwortung, am Pensionssystem der Zukunft mitzugestalten.
Ende September fand die fünfte Enquete zum heimischen Pensionssystem statt. Im Mittelpunkt der jährlichen Veranstaltung aller Anbieter der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge stand das österreichische Pensionssystem – dieses Jahr aus dem europäischen Blickwinkel.
Organisiert wurde die Enquete von der ARGE Zusatzpensionen, das sind der Fachverband der Pensionskassen, der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs VVO, die Plattform der betrieblichen Vorsorgekassen und die Vereinigung Österreichischer Investmentgesellschaften (VÖIG).
Steuerreform im Jahr 2020
Finanzminister Hartwig Löger erklärte: „Ich persönlich habe auch aus dem Regierungsprogramm heraus den Auftrag, das Thema Zusatzpension – sowohl auf der Ebene der betrieblichen Pensionen als auch der privaten Vorsorge – als sinnhafte und notwendige Ergänzung zur staatlichen Pension zu fördern.“
Man sei derzeit mitten in den Diskussionen über die Steuerreform, die man ab 2020 in die Umsetzung bringen möchte. „Ein wichtiger Aspekt dabei wird auch sein, positiven Einfluss auf das Thema private Vorsorge und betriebliche Vorsorge zu nehmen“, so der Finanzminister.
Die staatliche Pension fällt nicht so hoch aus wie erhofft
Univ.-Prof. Rainer Münz, Special Advisor on Migration & Demography, European Political Strategy Center skizzierte: „Das österreichische Pensionssystem steht in den nächsten Jahren vor größeren Herausforderungen. Unsere Lebenserwartung steigt jedes Jahr um zwei bis drei Monate. Zugleich will mit den Baby-Boomern die größte Generation des 20. Jahrhunderts in den Ruhestand gehen.“
Um das System im Gleichgewicht zu halten, müsse man entweder länger arbeiten und später in Pension gehen, oder gewisse Abschläge in Kauf nehmen.
Zumindest für jene, die nicht länger arbeiten möchten, könnte dies bedeuten, dass die staatliche Pension möglicherweise nicht so hoch ausfallen wird wie erhofft.
Wer nach dem Blick aufs eigene Pensionskonto zu dem Schluss kommt, dass die bei Pensionierung im Alter zwischen 60 und 65 Jahren zu erwartende Pension zu niedrig ist, hat aber – je nach Arbeitgeber und Einkommenshöhe – die Möglichkeit, sich mit einer betrieblichen oder privaten Altersvorsorge abzusichern. Im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern hat Österreich hier noch einen gewissen Nachholbedarf, so Münz.
Das schwedische Pensionssystem – ein Vorbild für Europa?
Die staatliche Pensionssäule Schwedens ist einzigartig in Westeuropa. Ein Teil der Sozialversicherungsbeiträge wird auf persönliche Anlagekonten eingezahlt. Mit den eingezahlten Beiträgen bauen unabhängige Fondsgesellschaften, die als Vermögensverwalter fungieren, eine kapitalgedeckte Rente auf.
Darüber hinaus sind für Arbeitnehmer in Branchen, für die landesweite Tarifverträge gelten, verpflichtende betriebliche Altersversorgungssysteme vorgesehen. Arbeitgeber, die keinen Tarifverträgen unterliegen, können Programme auf freiwilliger Basis anbieten.
Freiwillige individuelle Rentensparpläne ergänzen das Pensionssystem in Schweden, so Ewa Björling, ehemalige schwedische Ministerin: „Das schwedische Rentensystem trat 1999 in Kraft. Die größte Neuerung dabei war der Wechsel von einem leistungsorientierten zu einem beitragsorientierten System.“
Vor der Reform galten die Renten als ein soziales Recht, wobei eine bestimmte Ersatzquote im Verhältnis zum Gehalt vor der Pensionierung versprochen wurde. Nach der Reform ergibt sich die Rente aus den Ersparnissen während des Arbeitslebens.
Wichtige Impulse zur Weiterentwicklung des österreichischen Pensionssystems
Andreas Zakostelsky, Obmann des Fachverbandes der Pensionskassen, erklärte in seiner Rede: „Unsere Vision ist eine stabile staatliche Grundsicherung und gut ausgebaute ergänzende betriebliche und private Angebote.“
Zakostelsky geht davon aus, dass im kommenden Jahr – nach dem Ende der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft – mit Maßnahmen zur Stärkung der zweiten und dritten Säule als Ergänzung zur staatlichen Altersvorsorge gestartet wird.
Gesellschaftliche Verantwortung zum individuellen Risikomanagement
Manfred Rapf, Sprecher der Sektion Lebensversicherung im österreichischen Versicherungsverband VVO, erklärte: „Die Anbieter der privaten und betrieblichen Vorsorge übernehmen mit ihrem Produktangebot gesellschaftliche Verantwortung zum individuellen Risikomanagement.“
Andreas Csurda, Vorstandsvorsitzender der Plattform der Betrieblichen Vorsorgekassen, wiederum meinte: „Neben einer stabilen staatlichen Pension erwartet sich die Mehrheit der Bevölkerung, dass auch Arbeitgeber einen Beitrag zur Zusatz-Pensionsvorsorge leisten.“
Und Heinz Bednar schließlich, Präsident der Vereinigung Österreichischer Investmentfondsgesellschaften (VÖIG), sagte im Rahmen der Enquete: „Aus Sicht der österreichischen Fondsgesellschaften sollte das extrem enge Korsett, dem die dritte Säule zur Zeit unterliegt, im Interesse der Vorsorger flexibler gestaltet und einfacher abgewickelt werden können.“
Ein „Pensionskonto“, das kostengünstig bei einem Kreditinstitut eingerichtet werden könnte und u.a. Garantie-befreite Veranlagungsmöglichkeiten sowie höhere steuerbefreite Beträge anböte, würde künftig den Lebensstandard der Menschen individueller nach ihren Bedürfnissen und vor allem verlässlicher absichern.
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