(kunid) Mehr als die Hälfte der Autofahrer sind demnach ins Gespräch vertieft, 70 % der E-Tretrollerfahrer und 43 % der Fußgänger sind mit Kopfhörern unterwegs.
In der Unfallstatistik 2020 zählte Unachtsamkeit/Ablenkung mit anteilig 28 % zu den häufigsten Unfallursachen im österreichischen Straßenverkehr.
Insgesamt ereigneten sich in den vergangenen fünf Jahren im Durchschnitt mehr als ein Drittel aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden aufgrund abgelenkter Verkehrsteilnehmer. (Quelle: Statistik Austria).
Hierzu hat der ÖAMTC eine erschreckende Beobachtung gemacht.
Ablenkungen in real bedrohlichen Situationen
Der ÖAMTC hat im April an drei innerstädtischen Kreuzungen in Wien in den Morgen- und Nachmittagsstunden Beobachtungen durchgeführt: In den Hauptverkehrszeiten wurden mehr als 1.600 abgelenkte Verkehrsteilnehmer an diesen Kreuzungen erfasst.
Die beobachteten Verkehrsteilnehmer waren mit diversen erkennbaren Zusatzaufgaben befasst oder waren mit Kopfhörern unterwegs, teils wartend, annähernd oder querend, erklärt ÖAMTC-Verkehrspsychologin Marion Seidenberger.
Bei den rund 480 Pkw-Lenkern wurde mehr als die Hälfte in einem Gespräch befindlich beobachtet. Der Hauptanteil der vor Ort beobachteten abgelenkten Verkehrsteilnehmer betrifft die Gruppe der Fußgänger (870), die zu knapp 43 % mit Kopfhörern unterwegs waren.
Die knapp 270 Fahrradfahrer wurden mehrheitlich (84 %) mit Kopfhörern gesichtet, ebenso wie rund 70 % der 45 E-Tretrollerfahrer.
Fehlinterpretationen der eigenen Leistung
Gerade an oder im Nahbereich innerstädtischer Kreuzungen sind Fußgänger, E-Tretroller-, Fahrrad- oder Pkw-Lenker unter fordernden Bedingungen unterwegs und sollten konzentriert und aufmerksam sein, um unfallgefährdende Situationen rasch zu erfassen, ausgleichend und unfallvermeidend reagieren zu können.
Zudem konnte beobachtet werden, dass sich Personen in den Nachmittagsstunden stärker abgelenkt zeigten, als das in den Morgenstunden der Fall war. Das deckt sich auch mit den offiziellen Unfallzahlen der Statistik Austria der vergangenen fünf Jahre: Anteilig über den Tag betrachtet steigen Verkehrsunfälle im Vergleich zu den Vormittagsspitzen (14 %) in den Nachmittagsstunden auf 24 % an.
Jede ablenkende Tätigkeit, so banal diese auch erscheinen mag, kann negative Auswirkungen auf das Fahrverhalten haben. Die Fehlinterpretation der eigenen Leistung kann zu gefährlichen Unfällen führen, vor allem, wenn schwächere Verkehrsteilnehmer beteiligt sind.
Stärkere Bewusstseinsbildung um Ablenkungsgefahren
In der Theorie sind sich Lenker in der Regel darüber bewusst, welche Ablenkungen zu gefährlichen Fahrfehlern führen können.
Eine repräsentative Online-Umfrage des ÖAMTC zeigte auf, dass Gespräche mit dem Bei-/Mitfahrer, Bedienen von Geräten und Telefonieren während der Fahrt oder das Hören von Musik mitunter am häufigsten als ablenkende Tätigkeiten eingeschätzt werden.
Die Ergebnisse aus der Realfahrstudie zeigen ebenso, dass Gefahren durch Ablenkung am Steuer unterschätzt werden und nötige Sicherheitsreaktionen nicht richtig zum Einsatz kommen. Die Risiken und möglichen Folgen sollten daher stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit von allen Verkehrsteilnehmern rücken.
Bei jungen Fahrradfahrern ließe sich schon bei der Schulung zur freiwilligen Fahrradprüfung ansetzen. Anbieter von Leihfahrzeugen sollten ihre Nutzer ebenfalls eindringlich auf die Unterlassung von Ablenkungen beim Fahren hinweisen. Bei Pkw-Lenkern könnte auf das Thema Unachtsamkeit in der Aus- und Weiterbildung noch stärker eingegangen werden, beispielsweise mithilfe von anschaulichen Übungen oder Demonstrationen.
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